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Es ist heute ein Standardverfahren, Schichten aus verschiedenen Halbleitern epitaktisch aufeinander abzuscheiden. Dabei sind nicht nur Reinkristalle möglich, sondern auch Strukturen mit einer statistischen Besetzung, z. B. , das für meine Arbeit eine ganz besondere Bedeutung hatte. Den Wert für kann man dabei beliebig zwischen und einstellen, also von reinem zu reinem übergehen.
Darüber hinaus ist es auch möglich, eine in gewissen Grenzen beliebige Dotierung in die Schicht einzubringen. In meiner Arbeit wird mit Silizium n-dotiert, d. h. das Silizium besetzt As-Gitterplätze, und zwar in Konzentrationen zwischen undotiert und .
Verspannungen oder gar massive Kristalldefekte, die bei nicht aufeinander passenden Gittern entstehen können, sind in diesem Materialsystem kein Problem. Die Kristallklasse ist dieselbe und die Gitterkonstanten nahezu identisch.
Unterschiedliche Halbleiter haben unterschiedliche Bandstrukturen, insbesondere andere Bandlücken, und das kann man z. B. zum Aufbau von Barrieren am Heterouebergang nutzen. Die Abbildung 3.1 zeigt stark vereinfacht, was an einem solchen Übergang passiert und welches Gleichgewicht sich einstellt:
Das Fermi-Niveau ist jetzt aber in beiden Halbleitern unterschiedlich, was bedeutet, daß sich der Übergang nicht im Gleichgewicht befindet. Die Elektronen aus dem Halbleiter B, dessen größer ist, spüren eine Kraft in Richtung Halbleiter A, in dessen Grenzregion sich daher eine negative Raumladungszone der Tiefe ausbildet; umgekehrt lassen die Elektronen im Halbleiter B eine positive Raumladungszone der Tiefe zurück.
Das dadurch entstehende elektrische Feld, beziehungsweise dessen Potential, verbiegt die energetischen Bänder wie das untere Teilbild von Abbildung 3.1 zeigt. Die Bedingung, daß das Fermi-Niveau konstant ist, ist nun erfüllt. Man beachte, daß erhalten bleibt.
Die Abbildung 3.2 illustriert einen anderen wichtigen Fall: Der linke Halbleiter A ist nun stark n-dotiert. Die Donatoren liegen knapp unterhalb des Leitungsbandes (gestrichelte Linie). Die Bandverbiegung hat hier dazu geführt, daß das Fermi-Niveau teilweise über dem Leitungsband liegt. Diejenigen Donatoren, die über das Fermi-Niveau gezogen wurden, konnten ihr Elektron abgeben und sind positiv zurückgelassen worden (in der Zeichnung mit „“ markiert). Diese Elektronen sind in einem schmalen Bereich im Halbleiter B, der unter dem Fermi-Niveau liegt, eingesperrt („“ in der Zeichnung).
Durch diesen Trick ist es möglich, die Quellen der freien Ladungsträger, die Donatoren, von dem Gebiet, in dem sich die freien Ladungsträger aufhalten und eventuell bewegen, räumlich zu trennen. Die Donatoren sind Störstellen, und als solche verringern sie die Beweglichkeit der Elektronen. Das gilt besonders für tiefe Temperaturen, weil dann andere Streumechanismen (vor allem Phononen) kaum noch beitragen.
Für das zweidimensionale Elektronengas (2DEG), das sich im Halbleiter B direkt an der Grenzfläche ausbildet, gilt das nicht. Dessen Zustände ragen immer auch etwas in den Halbleiter A hinein, daher wird der Effekt durch eine sogenannte Spacer-Schicht zwischen der Donator-Schicht und dem 2DEG noch verstärkt. Mit derselben Methode werden auch in die V-Graben Quantendrähte die Ladungsträger gebracht.
Die Abbildung 3.3 gibt abschließend noch einmal einen Überblick über die Parameter, die die Heteroübergänge von -Varianten beschreiben. Die senkrechte Linie steht für , der für meine Quantendraht-Schichten typische Wert.
Die metall-organische Gasphasen-Epitaxie MOVPE ist eine bewährte Methode, hochqualitative Halbleiterschichten auf entsprechende Substrate aufzubringen, und das in einer gut kontrollierbaren Art und Weise.
Als Quelle für die abzuscheidenden Materialien6) dienen bestimmte Stoffe (im folgenden Quellverbindungen genannt), in denen das jeweilige Element-Atom in ein Molekül eingebettet ist. Meist sind das metall-organische Verbindungen wie z. B. Trimethyl-Gallium, auf jeden Fall jedoch Gase, die zusammen mit einem Trägergas wirbelfrei über die Substrat-Oberfläche strömen. Das Trägergas, in meinem Fall Stickstoff, nimmt an den chemischen Reaktionen nur als Katalysator teil (Schmidt 1998, Kap. 2.3). Schon im Trägergas-Strom, vor allem aber auf der Substrat-Oberfläche, spielen sich derweil sehr komplexe Prozesse ab, siehe Abbildung 3.4:
Damit überhaupt irgend etwas passiert, muß die Quellverbindung mit der Substrat-Oberfläche (≙ einem Wafer, bei mir meist einem -Viertelstückchen) erst einmal in Kontakt kommen. Es gibt dafür keinen gerichteten Mechanismus wie in der MBE. Allein die Diffusion der Quellengase innerhalb des Trägergases garantiert, daß an der Oberfläche stets Quellmaterial vorhanden ist.
Soweit der grobe Überblick.
Der ganze Abscheide-Prozeß in der MOVPE ist selbstverständlich ein statistischer Vorgang. Die intensiven thermodynamischen Größen, die eine Rolle spielen, sind die Partialdrücke der Materialien und deren Temperatur7). Der gesamte Ablauf ist ja unterteilt in Zwischenschritte (Diffusion, Zerlegung, Einbau, …); die Temperatur bestimmt nun, welcher dieser Zwischenschritte limitierend wird.
Für meine Proben wurde die Anlage im diffusionskontrollierten Bereich betrieben (siehe Abbildung 3.5). In diesem Modus ist die Temperatur hoch genug, daß der Einbau auf der Substrat-Oberfläche sehr rasch abläuft. Die Diffusion hin zur Oberfläche zeigt sich jedoch von einer Erhöhung der Temperatur ziemlich unbeeindruckt und bremst die Gesamtreaktion aus. Andersherum ausgedrückt kontrolliert die Diffusion das Wachstum.
Die weitgehende Unabhängigkeit der Diffusion von der Temperatur ist gerade der Vorteil: Die Wachstumsrate reagiert recht unempfindlich auf zeitliche und räumliche Schwankungen der Temperatur des Substrates, die Schichtdicke ist folglich gut kontrollierbar und homogen.
In erster Näherung ist die Wachstumsrate in diesem Modus proportional zum Partialdruck des Gruppe-III-Materials. Das Gruppe-V-Material ist nämlich im hundertfachen Überschuß vorhanden und ist daher nicht limitierend.
Bei niedrigeren Temperaturen wechselt man in den kinetisch kontrollierten Bereich, bei dem die Zerlegung und der Einbau in die Kristallstruktur bremsen. Diese sind, typisch für chemische Reaktionen, stark abhängig von der Temperatur, was zu Unregelmäßigkeiten des Wachstums führt, die nicht mehr hinnehmbar sind.
Bei höheren Temperaturen (d. h. höher als beim diffusionskontrollierten Wachstum) wird die komplette Reaktion (Zerlegen, Einbau, …) thermodynamisch immer ungünstiger: Die Wachstumsrate nimmt mit der Temperatur wieder ab. Daher ist auch dieser Temperaturbereich nicht sinnvoll.
Die Quellmaterialien seien zerlegt und auf dem Weg zurück in den Trägergas-Strom. Sie hinterließen auf der Waferoberfläche die Gallium- oder Arsenatome, die nun eingebaut werden sollen. Ihre Bindung mit dem Kristallverbund ist jedoch zunächst nur sehr schwach (verglichen mit einer Kristallbindung), sie sind lediglich adsorbiert. Der Grund dafür ist, daß sie nur sehr wenige nächste Nachbarn haben und das energetisch ausgesprochen ungünstig ist (große Oberflächen-Energie).
Sie können sich auf der Waferoberfläche ähnlich einer Diffusion bewegen, man nennt das daher Oberflächendiffusion. Es ist eine Suche nach dem Energie-Minimum, was zunächst einmal bedeutet, eine Stelle zu finden, wo die Zahl der nächsten Nachbarn groß ist. Das kann eine Stufe zwischen zwei Monolagen sein, oder auch eine Insel, die sich auf einer Monolage gebildet hat.
Große Diffusionslängen sind dabei ausgesprochen günstig. Die Atome sollten also stets eine Stufe erreichen können, ohne irgendwo auf einer Monolage zusammen mit einem anderen diffundierenden Atom der Kristallisationskeim für eine neue Insel zu werden. Inselwachstum führt nämlich zu einem Aufrauhen der Oberfläche, im Gegensatz zum Stufenfluß-Wachstum, das sich bei großen Diffusionslängen einstellt. Um Stufenfluß-Wachstum zu erreichen, darf eine bestimmte Temperatur nicht unterschritten werden.
Die Herstellung von Quantendrähten in der MOVPE ist ein sehr aufwendiges Unterfangen. Das betrifft nicht den einzelnen Epitaxielauf, sondern die Bestimmung der optimalen Wachstumsparameter. Diese notwendige intensive Vorarbeit, die es mir ermöglichte, beinahe im Fließband-Verfahren Proben zu epitaxieren, verdanke ich Kaluza (2000) und Schwarz (2001).
Wenn man auf einem nicht-planaren Wafer eine Epitaxie durchführt, wird die Beschreibung des Wachstums komplizierter, da man es nun mit verschiedenen Facetten zu tun hat. Zu jeder Facette gehört eine bestimmte Netzebene des Waferkristalls, und die Netzebenen wiederum verhalten sich verschieden, was den Einbau von Atomen aus der Gasphase angeht.
Sind die Diffusionslängen auf der Oberfläche sehr groß (viel größer als die Facettenbreiten), können sich die adsorbierten Atome den Platz, an dem sie eingebaut werden, aussuchen. In diesem Fall kann ich alle Facetten unabhängig betrachten und berücksichtige nur, wie leicht sich Atome jeweils einbauen lassen. Daraus erhalte ich eine feste Wachstumsrate für jede Facette.
Abbildung 3.8 zeigt, was das für die V-Gräben bedeutet: Die Wachstumsrate (in senkrechter Richtung!) ist auf den -Facetten größer als auf den waagerechten -Facetten. Die Folge davon ist ein Zuwachsen der Gräben, wenn gewünscht bis hin zur Planarisierung.
Die unebene (≙ vorstrukturierte) Oberfläche ist natürlich größer als die planare und verbraucht daher auch mehr Material für das Wachstum. Wie oben bereits erklärt, ist die Wachstums-Geschwindigkeit im diffusionskontrollierten Regime dadurch bestimmt, wie schnell aus dem Gasstrom frisches Quellmaterial per Diffusion nachgeliefert werden kann. Im Falle einer unebenen Oberfläche wird dieser Flaschenhals relativ noch enger: Die Wachstumsrate ist für alle Facetten geringer, als es rein rechnerisch für die jeweiligen Wachstums-Parameter wäre. Dieser Effekt nimmt selbstverständlich ab, wenn die V-Gräben immer weiter zuwachsen.
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Für die Epitaxie stand eine Anlage der Firma Aixtron vom Typ AIX-200 zur Verfügung. Sie wird in Kaluza (2000) und in dort aufgeführten Literaturstellen eingehend beschrieben.
Wie schon in Abschnitt 2.1.1 erwähnt, habe ich nur mit Wafervierteln gearbeitet. Jeweils ein vorstrukturiertes Viertel kam zusammen mit einem mit Flußsäure vorgereinigten -off-Waferviertel8) in den Anlagenreaktor. Der Sinn des -off-Viertels besteht darin, daß es exakt dieselbe Schichtstruktur aufgewachsen bekommt, allerdings – von der Reinigung abgesehen – keine Vorprozessierung mitgemacht hat. Dadurch habe ich hier eine wohldefinierte Probe, die ich bei den Photolumineszenz-Messungen als Vergleich benutzen kann. Außerdem sollte sein Spektrum dem planaren Quantentopf der strukturierten Proben entsprechen, so daß man hier eine weitere Hilfe bei der Entschlüsselung des Spektrums der V-Graben-Strukturen hat.
Die Abbildung 3.9 zeigt die Schichtfolge für meine Epitaxien. Exemplarisch habe ich eine dotierte Probe mit einem -Kanal von herausgegriffen. In der ganzen Arbeit bezeichnet die Kanaldicke die nominelle Kanaldicke des TQW, d. h. diejenige Schichtdicke des -Kanals, die sich ohne Vorstrukturierung ausbilden würde.
Von den -Buffer sind die unteren mit der alternativen Quelle Dimethyl-Ethyl-Amin-Alan (Alan, ) gewachsen. Das hat nur historische Gründe, da auf dieser Schicht leichter das polykristalline Wachstum auf den -Flächen beginnen kann (Schwarz 1997, Kap. 3.1.6). Da ich das grundsätzlich mit Flußsäure abgenommen habe, ist das für mich bedeutungslos.
Alle anderen Schichten wurden mit den Quellen / und Arsin () bewachsen. Für eine eventuelle negative Dotierung des kam Silan () zum Einsatz.
Dotierung unten/oben | Kanaldicke | ||||
---|---|---|---|---|---|
() | |||||
undotiert | T111 | T112 | T113 | T114 | T121 |
1/2 | T141 | T144 | T141 | T143 | T163 |
2/4 | T161 | T162 | T164 | T151 | T152 |
4/8 | T153 | T154 | T171 | T172 | |
8/16 | T192 | T191 | T193 | T194 | T214 |
Die Tabelle 3.1 enthält alle Proben, die Teil der Meßreihe sind, die den Kern dieser Arbeit ausmacht. Sie sind dort in Form einer Matrix aufgeführt, in Abhängigkeit von Dotierung und Kanaldicke (nominelle Schichtdicke des TQWs). Die Proben wurden chronologisch von geringer zu großer Dotierung hergestellt, innerhalb einer Dotierung meist binnen weniger Tage. Die Lücke rechts von T172 ist kein Versehen; eine Probe mit diesen Parametern wurde wegen eines betriebsbedingten Engpasses nie hergestellt.
Von einer meiner Proben, nämlich T192, wurden TEM-Aufnahmen gemacht, sowohl gewöhnliche Hellfeld-Abbildungen, als auch hochauflösende Bilder. Leider läßt sich nicht rekonstruieren, auf welche Öffnungsweite der V-Gräben geschaut wurde, die Kanaldicke beträgt jedenfalls .
Die Abbildung 3.10 zeigt den Bereich einer V-Graben-Spitze. Man erkennt trotz des schwachen Kontrastes die Verdickung des QWRs, die Abschnürungen und selbstverständlich die SQWs zu beiden Seiten. Der VQW läßt sich höchstens erahnen.
Dafür ist dieser auf der Abbildung 3.11 etwas besser zu sehen. Hier ist der gewählte Ausschnitt etwas größer, man kann bis zur Probenoberfläche schauen.
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Die TEM-Aufnahmen dienen zwei Zwecken: Zum einen zeigen nur sie die gewachsenen Drahtstrukturen direkt und erlauben mir so, weitere Aussagen über die Qualität der gewachsenen Proben zu machen. Die Aufnahmen an sich sind zwar überwiegend von schwachem Kontrast oder grober Körnung, da die Untersuchung so kleiner Strukturen mit solch eng verwandten Materialien eine heikle Sache ist; sie zeigen jedoch, daß die Proben zumindest von der Qualität sind, die auch bisher in der benutzten MOVPE üblich gewesen ist. Zu sehen ist lediglich eine leichte Asymmetrie des QWRs, die rechte -Facette scheint ein wenig länger zu sein als ihr linkes Pendant.
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